Ben

10 Jan. 2024

Ehemaliger Berliner strandet in Chemnitz

Mein Vermittlungsshooting mit Ben ist schon einige Zeit her – am 27.12 durfte ich ihn kennenlernen, um genau zu sein. Gleichzeitig war es mein letzter Besuch im Tierheim Chemnitz für das Jahr 2023. Da es an diesem Tag nur einen Hund zu fotografieren gab, habe ich hier kurz die Gelegenheit, ein kleines Resümee zu ziehen.

Ben war im Jahr 2023 der 26. Hund für den ich Vermittlungsbilder angefertigt habe. Natürlich waren das bei weitem nicht alle Hunde, die neu ins Tierheim kamen! Woran das liegt? Nun ja, natürlich stehe ich nicht mit meiner Kamera am Eingangstor und schieße los, sobald ein neuer Hund kommt 😀 Einige wenige Hunde haben großes Glück und werden so schnell vermittelt, dass sie quasi nie in die „öffentliche“ Vermittlung kommen. Andere Hunde sind zwar im Tierheim, dürfen aber offiziell noch nicht vermittelt werden. Wiederum andere warten (teilweise leider sehr lange) bis sie von ihren Besitzern wieder abgeholt werden und ja, es gibt auch Hunde, die nie in die Vermittlung kommen, weil das Tierheim ihre letzte Station im Leben ist – aus diversen Gründen. 

Zusammengefasst: Die Tierheim Chemnitz (und sicher auch viele andere Tierheime) hat unglaublich viele Neuzugänge, aber nicht jeder davon landet vor meiner Kamera. Im Schnitt waren es 3 Hunde im Monat, dazu noch das Projekt „Brandbrief“, die Hundewanderung und die Hundevorstellung im Chemnitz Center. 

By the way: Von „meinen“ 26 fotografierten Hunden aus 2023 haben gerade einmal 12 bis heute ein neues zu Hause gefunden. Auch gibt es 2 Hunde, für die das Tierheim traurigerweise die Endstation im Leben war. Die Übrigen warten nach wie vor, dass sich die richtigen Menschen für sie finden.

Nach diesem kleinen Vorwort soll es aber nun um Ben gehen, in der Hoffnung, dass 2024 vielleicht sein Jahr wird…

Ben

Dass das gepunktete Tier in Chemnitz gelandet ist, kann man durchaus als unüblich bezeichnen. Ursprünglich lebte er nämlich in Berlin… Dort kam es jedoch zu diversen Vorfällen zum Leid kleinerer Hunde. Ja – Ben mag kleinere Tiere (inkl. Hunde) so gar nicht, was wohl ganz objektiv betrachtet seinem Jagdtrieb zugeschrieben werden kann. Kleines Tier = Beute = Töten. So drastisch muss man es einfach sagen. Als Hundekenner sieht man relativ schnell, dass in seiner Mischung auch etwas Jagdhund mitgespielt hat. Abgegeben wurde er als Dalmatiner…

Es kam wie es kommen musste und Dank eines uneinsichtigen Halters, der weder behördliche Auflagen erfüllte noch dafür sorgte, dass die kleineren Exemplare in seiner Umgebung sicher sind, wurde Ben nach dem x-ten Vorfall schließlich beschlagnahmt und der Halter entsprechend bestraft. Die Reise des außergewöhnlichen Rüden ging nun allerdings nicht ins Tierheim, denn nirgendwo war Platz. Stattdessen fand sich eine Dame im Bekanntenkreis, die sich dem Tier sicherlich auch wirklich wohlwollend annahm. Ben verschlug es somit weg aus Berlin und er zog nach Bayern…

Dort verbrachte er allerdings nur 3 Monate, denn – ohne jetzt zu detailliert werden zu wollen – war die bereits ältere Dame körperlich einfach nicht mehr in der Lage, den Hund zu halten. Immerhin nutzte sie eine Leine und war bezüglich eines Maulkorbs auch bemüht. Der schützende Korb verblieb jedoch immer nur kurz auf dem Hund, da Ben ihn so gar nicht mochte und man das Tier nicht quälen wollte. Um das direkt aufzulösen: Der Maulkorb war einfach viel viel viel zu klein, weswegen Ben sich hier auch völlig nachvollziehbar sträubte. Auch hier kam es, wie kommen musste: Der jagdlich hochmotivierte Ben sah Beute, riss sich körperlich überlegen los und hatte leider auch keinen Maulkorb auf, sodass erneut kleine Hunde darunter leiden mussten. 

Fakt war – auch hier konnte er nicht bleiben und die Suche nach einem Platz für ihn begann. Das Ende ist nun wenig überraschend, wenn ich sage, dass er im Tierheim Chemnitz letztendlich durch glückliche Umstände fündig geworden ist. Was sich bei seiner Ankunft in Sachsen leider auch sehr schnell herausstellte: Sein Jagdtrieb ist bei weitem nicht sein größtes Problem (aus seiner Sicht ist das natürlich kein Problem, sondern „normal“) – und ja, natürlich herrschte darüber im Vorfeld stillschweigen. 

Ben ist gesundheitlich leider eine Großbaustelle, weswegen er auch Wochen nach unserem Shooting noch nicht auf der Vermittlungsseite auftaucht. Er war mir als fremder Person gegenüber verständlicherweise etwas skeptisch und vorsichtig, aber keinesfalls aggressiv. Von Keksen war er sehr begeistert und dank seiner Nase war er quasi Meister darin, diese in kürzester Zeit aufzusuchen. An seinen Bewegungen sah man relativ flott, dass da irgendwas nicht stimmt und es für ihn unangenehm – wenn nicht sogar schmerzhaft – ist. Er hat ein sichtbares, anatomisches Darmproblem, was nicht nur für ihn, sondern auch für die Pfleger recht unangenehm ist. Allein hier Bedarf es einer OP. Auch zuckt er zusammen, sobald man ihn anfasst oder schreit gar auf… Heute am 10.01 ist quasi sein großer Tag und er wird samt Bildgebung auch einmal komplett durchgeschaut, um sich ein Rundum-Bild machen zu können. Man möchte möglichen Interessenten selbstverständlich sagen können, was da noch an medizinischen Herausforderungen warten bzw. muss man abwägen, ob Ben so überhaupt schon vermittelt werden kann oder ob er vorher erst einmal vernünftig auf die Beine gestellt werden muss. 

… und an alle Romantiker: Nein, Keiner adoptiert eine medizinische Großbaustelle, bei der nicht einmal klar ist, was überhaupt das Problem ist und absolut Keiner empfängt einen Hund mit offenen Armen, wenn bereits klar ist, dass hier viel viel Geld, Geduld und Zeit in die Hand genommen werden muss. So etwas wäre schön, aber heutzutage eher Wunschdenken oder ein 6er im Lotto (wenn’s denn dann auch tatsächlich gemacht werden würde). Es wäre seitens des Tierheims einfach absolut unverantwortlich und unfair, den Hund zu vermitteln, ohne den Adoptanten entsprechende Infos geben zu können. Mit „Ja der Hund ist krank und hat irgendwas, aber das müssen Sie als Besitzer dann schon selbst alles abklären lassen – auf Ihre Kosten natürlich“ wäre wohl keiner so richtig glücklich 😉 

Drücken wir heute also die Daumen – für Ben und für seinen tatsächlichen Gesundheitszustand.  

Zum Abschluss…

Möchte ich vorsorglich noch auf folgende Dinge hinweisen:

  • Ich bin kein Mitarbeiter des Tierheims, bin dort lediglich ehrenamtlich tätig
  • Richtet daher bitte keine Vermittlungsanfragen an mich sondern direkt an das Tierheim Chemnitz
  • Nehmt manche Dinge bitte einfach mit Humor… Mir ist bewusst, dass manche Schicksale alles andere als lustig sind
  • Die Beschreibung der Hunde ist keinesfalls vollständig – Einen ausführlicheren Steckbrief der zu vermittelnden Tiere findet ihr auf der Vermittlungsseite des Tierheims: 

1 Kommentar

  1. Petra Förster

    Das ist mal wieder ein Hundeschicksal, wo ein Unglück zum nächsten kommt. Bei dieser Beschreibung möchte man einfach scon nach den ersten Sätzen gar nicht weiterlesen, weil es immer noch schli.mer kommt. Aber das hilft Ben auch nicht. Jetzt kann man sich erstmal damit trösten, dass er im Tierheim sehr gut versorgt wird, sowohl medizinisch als liebevoll. Das ist jetzt auch das, was er braucht.

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