Timothy, Antonia, Bruno B, Struppi, Frieda, Emma

16 Juli 2023

Da ist er Also…

… mein erster Blog-Beitrag. Es wird ungewohnt sein, mich nicht kurzfassen zu müssen und ich freue mich über jeden einzelnen, der sich die Zeit nimmt und mehr über meine Vermittlungsshootings erfahren möchte. Legen wir also direkt mit 6 Kandidaten los – und nein, so viele Hunde sind natürlich nicht die Regel.

Nach einer gefühlten Ewigkeit machte ich mich also mal wieder auf ins Tierheim Chemnitz. Es war ein warmer Tag, die Uhrzeit alles andere als fotografenfreundlich, aber immerhin gab es einige Wolken am Himmel, die die pralle Sonne hin und wieder verschwinden ließen. Ich wusste, dass viele Hunde auf mich warteten, denn das Tierheim ist momentan voller als voll und die Neuzugänge, die noch keine Vermittlungsbilder haben, entsprechend reichlich. Einen Tag vor dem Shooting gab es bereits eine sehr traurige Nachricht, denn ein kleiner Dackel-Opi, der vor meine Linse sollte, musste erlöst werden. Ich hätte den kleinen Kämpfer gern kennengelernt… Ruhe in Frieden Henry 🙁

Timothy

Bei meiner Ankunft im Tierheim wurde gerade fleißig geplanscht – klar, immerhin waren es an die 30 °C. Der Pool als Objekt der Begierde wurde besetzt von einem Gold glänzenden Jungspund. Dass mich ein Labrador unter den Models erwarten würde, wusste ich und jeder der mich kennt, weiß, dass Labradore charakterlich eher nicht zu meinen Favoriten zählen. Nun gut… Da saß er also wie Spongebob in seinem Pool und schrie förmlich „Ich bin bereit. Ich bin bereit“. Für seine Vermittlungsbilder musste er Bikini Bottom kurz verlassen und folgte uns in den Auslauf.

Genauer genommen folgten wir ihm, denn für einen Labrador war der Rüde doch sehr stattlich und hatte entsprechend viel Kraft, die – wie so oft – bisher eher weniger in händelbare Bahnen gelenkt wurde. Der freundliche Kerl rannte also umher und erfreute sich seines Lebens – was Labradore eben so tun. Das Interesse an mir hielt sich in Grenzen. Gab es einen Keks, war ich ganz ok. Flog in innerhalb von einer Minute kein Snack, war ich dann auch schnell uninteressant.

Warum Timothy im Tierheim ist, ist allen noch ein Rätsel. Als Fundhund wurde er aufgenommen und bisher zeigte er kein Verhalten, was irgendwie sehr problematisch ist. Ein suchender Besitzer hat sich bisher allerdings nicht gemeldet. Es kann sich daher nur um Thaddäus gehandelt haben, der diese ständige gute Laune einfach nicht mehr ertragen hat und ihn loswerden wollte. Vielleicht war er aber auch mit diesem muskulösen und dazu unerzogenen und aufgedrehten Wesen überfordert – man weiß es nicht. Timothy ist das eigentlich auch egal. Wichtig für ihn ist, dass er seinen Menschen bald wieder mit seiner non-stop guten Laune den Tag versüßen darf.

Antonia

Die zweite Kandidatin war ein extremer Kontrast und stand schon in meinem Herzen, da kam sie gerade einmal zum Tor herein. Die sehr ängstliche Antonia wurde freilaufend in Chemnitz aufgegriffen. In einem geschlossenen Gebäude schafften es Tierschützer, sie zu sichern und brachten sie ins Tierheim. Die Panik vor Menschen und der Situation war unübersehbar. Nicht nur, dass sie versuchte aus dem Fenster in ihrer Unterkunft zu springen und jede Lücke als Fluchtweg sah, nein – sie kotete und urinierte sich komplett voll, wenn Menschen auf sie zugingen. Seit dem sind einige Wochen vergangen und die Pfleger haben mal wieder grandiose Arbeit geleistet.

Antonia wird in sehr kleinen Schritten mutiger und mit etwas Zeit, viel Geduld und noch mehr Einfühlungsvermögen ließ sie sich am Tag unseres Shootings sogar ein Sicherheitsgeschirr anlegen. Bis zu diesem Tag hatte sie das Tierheimgelände noch nicht verlassen, da sie hierfür einfach zu schreckhaft und zu wenig gesichert werden konnte. Auch bei unserem Shooting dauerte es viele Minuten und noch viel mehr Kekse, bis ich zum ersten mal abdrücken konnte, ohne sie zu erschrecken. Es wird wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bis Antonia sicherer wird. Das Umfeld im Tierheim und der dazugehörige Stress sind dabei natürlich keine große Hilfe.

Bruno B

… Und wer sich jetzt fragt, ob ich da einen Tippfehler habe – nein. Bruno B ist Bruno B. Das B steht dabei liebevoll für „Böse“ und trennt diesen Bruno von einem weiteren Bruno ab, der sich ebenfalls momentan im Tierheim befindet. Er wurde mir mit folgenden Worten vorgestellt: 

„Entweder er geht jetzt an dir hoch und meint es böse, oder er geht an dir hoch und findet dich ok“. Die Quintessenz des Ganzen war also, Bruno (natürlich abgesichert mit einem Maulkorb) wird jetzt definitiv an mir hochgehen. Das macht er nämlich gern. Provozierend, respektlos, überdreht… Also: Atmen und ruhig bleiben.

Als Mischling aus Harzer Fuchs und Schäferhund hat Bruno ordentlich Power, möchte ausgearbeitet werden und benötigt auch bedingt durch seine Vergangenheit vorallem eine sehr konsequente Führung. Er bindet sich stark an seinen Menschen, was zum Nachteil aller anderen ist… Das ist nämlich dann sein Schatz, den er anders als Gollum nicht an die Gluten des Schicksalsberges verlieren will. Koste es was es wolle. So ein Charakter im Tierheim zu händeln, wo es logischerweise nicht ausschließlich diese eine Bezugsperson gibt, gestaltet sich als äußerst schwierig.

Bruno fand mich glücklicherweise nicht auf Anhieb doof. Auch das Anspringen blieb zu meiner Freude aus. Er flitzte also umher und dank seines Maulkorbes fühlten wir uns auch alle wohl. Hier sei erwähnt, dass die Pfleger mich natürlich nie bewusst in eine gefährliche Situation bringen würden. Hoffe ich. Ich geb mir auch echt Mühe mit den Bildern… 😀  

Noch in voller Gewohnheit von der schüchternen Antonia, hockte ich mich also hin und realisierte dann doch schnell, dass die Idee jetzt nicht sehr clever war. Als die Lokomotive freudig auf mich zugedampft kam, hörte ich noch die Worte „Achtung bremst nicht“ – ihr glaubt ja nicht, wie schnell ich aufstehen kann. Der Gedanke, dass dieser Metallmaulkorb gleich mit 30 km/h in mich rein rauscht, ist da doch Motivation genug. Die Bremse fand der Mischling nicht, dafür aber die Umleitung an mir vorbei. Danke Bruno. Du hast was gut bei mir. 

Für ein paar „normale“ Bilder kam der Maulkorb im Anschluss ab und der hübsche Rüde wurde mit einer Schleppleine abgesichert. Da er mich nicht ganz doof fand, war die Situation echt entspannt, zumindest für mich. Der dynamische Bruno fand auch bei knapp 30 Grad kaum Ruhe und fand es immer wieder reizend, seine Pflegerin nach den Grenzen zu fragen und ob diese auch wirklich, ganz sicher immer noch gelten… wie wenn man schon 3x mit dem Auto gegen eine Mauer gefahren ist und erneut probiert, ob dort wirklich eine Mauer steht. Irgendwie dumm… Ein passendes zu Hause für ihn zu finden, wird alles andere als leicht. Hier werden Menschen gesucht, die Verstand, Ehrgeiz und Konsequenz besitzen und auf der Suche nach einer sportlichen Herausforderung sind. Was man ihm definitiv lassen muss: er ist wirklich wunderschön und unglaublich fotogen. Zum Abschluss kamen wir uns kurz näher und irgendwie bedankte ich mich innerlich bei ihm, dass ich auf seiner „Pro“-Liste stehen durfte.

Struppi

Nach so viel Action wurde es wieder ruhiger. Ruhig, aber verdammt traurig… Denn eigentlich wäre Struppi gar nicht mehr unter uns. Nach 10 Jahren bei seinem Menschen sollte er im Tierheim eingeschläfert werden. Er ist alt, er ist krank, aber was er noch nicht ist: lebensmüde. Mit seinen 12 Jahren hat er krankheitsbedingt kaum noch Fell. Dies lässt ihn aussehen, wie einen chinesischen Schopfhund, aber eigentlich ist es ein Westie (West Highland Terrier). Statt dem kleinen Opi das Leben zu nehmen, wurde ihm ein neues geschenkt und er erfuhr im Tierheim quasi eine Kernsanierung.

Mit der Entfernung eines Tumors besteht nun auch wieder die Hoffnung, dass sein Fell doch ein wenig nachwächst. Besondern alte Hunde liegen mir immer sehr am Herzen und ich hoffe jedes mal so sehr, dass sich schnell jemand findet, der ein kleines warmes Plätzchen frei hat. Struppi ist für sein Alter noch (oder wieder) gut in Schuss, geht ausgiebig spazieren und macht keinesfalls den Eindruck, nicht mehr zu wollen. Wie man sein Haustier nach so vielen Jahren zum Sterben abgeben kann, ist mir ein absolutes Mysterium.

Frieda

Mittlerweile waren über 2h vergangen und eigentlich standen noch 3 Hunde auf der Liste. Der Auslauf des Tierheims wurde benötigt, das Hauptgebäude stand voller Menschen, das Telefon klingelte im Minutentakt und mittlerweile traf das x-te Fundtier des Tages ein… Die Zeit mit Frieda begrenzte sich daher auf ca. 10 Minuten. Ihre „Geschichte“ ist eine von denen, die ich mittlerweile augenrollend und kopfschüttelnd zur Kenntnis nehme. Eine Staffi-Hündin, gerade einmal 9 Monate jung und bereits jetzt mit einem vollgepackten Problem-Rucksack ausgestattet. Quasi der Klischee-Staff, der keine Erziehung genossen hat und nun pubertär zeigt, was das für Konsequenzen mit sich führt.

Frieda wurde angekündigt ausgesetzt (das typische „Wenn ihr sie nicht nehmt, setz ich sie eben aus“) und gehörte zu einem Landkreis, für den das Tierheim an sich nicht zuständig wäre. Nun ist sie jedoch da und hofft wie so viele problematische Hunde auf die Stecknadel im Heuhaufen. Ihr Vorteil dabei: Sie ist noch sehr jung und ihre unerwünschten Verhaltensmuster können sicher deutlich leichter in die richtigen Bahnen gelenkt werden als bei einer 5 jährigen Hündin. Von „einfach“ kann man dabei dennoch nicht sprechen…

Emma

Die letzte Kandidatin konnte ich dann nur in einem der Hundeausläufe fotografieren. Eigentlich benötigt sie auch gar keine ultraschönen Vermittlungsbilder, denn sie wird so oder so genügend Interessenten anziehen. Versteht mich nicht falsch – natürlich verdient jeder Hund schöne Bilder, aber dennoch gibt es Kandidaten, bei denen gebe ich mir tatsächlich mehr Mühe (z.B. Struppi), da diese Hunde es einfach prinzipiell schwerer haben und vom Aussehen auch nicht der Top-Kandidat vieler Besucher sind…

Emma ist eine Rotti-Dame. Gerade ein Jahr geworden und bisher völlig unvorbelastet und unproblematisch. Einzig ihr Gewicht war bei Ankunft etwas hoch – that’s all. Ich nutzte die Gelegenheit zum Abschluss also, um etwas runterzufahren. Emma war dabei wirklich eine große Hilfe und so kasperten wir ein wenig herum. Wahrscheinlich hatte ich dabei mehr zu lachen als sie. Eigentlich starrte sie mich nur wie ein Riesenbaby an und versuchte zu verstehen, warum ich lachte. Das brachte mich noch mehr zum Lachen und naja… Ihr kennt’s vielleicht 🙂 Bei Emma habe ich keine Zweifel, dass sie schon bald ein neues zu Hause findet und dort sehr viel Freude bereiten wird.

Zum Abschluss…

Möchte ich vorsorglich noch auf folgende Dinge hinweisen:

  • Ich bin kein Mitarbeiter des Tierheims, bin dort lediglich ehrenamtlich tätig
  • Richtet daher bitte keine Vermittlungsanfragen an mich sondern direkt an das Tierheim Chemnitz
  • Nehmt manche Dinge bitte einfach mit Humor… Mir ist bewusst, dass manche Schicksale alles andere als lustig sind
  • Die Beschreibung der Hunde ist keinesfalls vollständig – Einen ausführlicheren Steckbrief der zu vermittelnden Tiere findet ihr auf der Vermittlungsseite des Tierheims: 

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