Heute vor 9 Jahren hieß es: „Ein Hund zieht ein“
Wir schreiben den 15.01.2024 – Heute vor genau 9 Jahren war für mich ein total aufregender Tag, denn Linus zog bei mir ein… Der Hund, der mein Leben irgendwie völlig auf den Kopf stellte und bei dem das Schicksal still im Hintergrund saß und sich dachte: „Ja, der muss genau dahin“. Aber von vorn… Schlechte Bilder inklusive 😉
Die Qual der Wahl
Hunde begleiten mich schon mein Leben lang und nachdem ich mein Elternhaus verließ, war für mich relativ schnell klar – so ohne tierischen Begleiter möchte ich auf Dauer nicht sein. Auch wenn unerwartet eine Katze zumindest wieder etwas tierischen Schwung in die Bude brachte, blieb mein Wunsch, endlich wieder einen Hund haben zu wollen, recht groß. Nach dem Umzug in eine größere Wohnung setzte ich meinen Willen schlussendlich durch und auch wenn dieser „Hund“ schon lange in meinem Kopf schwirrte, ahnte ich wahrscheinlich nicht im Ansatz, was da auf mich zukam…
Von vorn herein wollte ich ganz klassischerweise einen Hund „retten“. Also ab ins Tierheim und dort mal die Lage checken. Sagt sich so leicht – in der Realität liefen mir bei den ganzen Nasen und diesem völlig ungewohnten Gebell aus jeder Richtung nämlich erst einmal die Tränen. Ich lief also von Zwinger zu Zwinger und erspähte auch schon einen Kandidaten, der mir optisch zusagte. Konrad war sein Name und nach einem kurzen Gespräch mit den Pflegern, begleitete er mich in den tierheimeigenen Auslauf. Versteht mich nicht falsch, ich war damals zarte 21 Jahre jung und wusste genau, was ich NICHT will. Da wir wirklich immer Schäferhunde hatten, wollte ich etwas Anderes, etwas cooles, mal ganz was Neues – Konrad passte da perfekt!

Wahrscheinlich bin ich auch das klassische Beispiel dafür, wie man es eben NICHT machen sollte, aber gut. Im Nachhinein ist man dann eben immer schlauer.
Beim 2. Besuch im Tierheim hatte ich dann auch direkt meine Schwester im Schlepptau – gemeinsam mit ihrem Baby im Kinderwagen. Als die Pfleger den Kinderwagen sahen und ich selbstbewusst nach einem erneuten Date mit Konrad fragte, war die Antwort „Nein“. Konrad war in der Vergangenheit nicht so nett zu Kindern und wird nur in eine „kinderfreie Zone“ vermittelt. Stille…
„Aber wir haben noch einen ganz netten Hund da, den können Sie gerne kennenlernen – ein Schäferhund-Mischling“. Wirklich enttäuscht und mit dem Wissen, dass dieser Schäferhund-Mischling auf gar keinen Fall bei mir einziehen wird (Hahahaha…), stimmte ich dem Treffen dennoch zu. Wir waren ja nun einmal da und wollten nicht einfach so wieder fahren. Als der junge Kerl dann um die Ecke kam, waren wir grob geschätzt eine Erdumrundung von der Liebe auf dem ersten Blick entfernt. Es war dünn, es hatte riesen Ohren und es sah von der Fellfarbe einfach aus wie ein Schäferhund.


Es nennt sich Schicksal
Was genau da im Auslauf in mir passierte, kann ich euch bis heute nicht erklären. Ob es seine Augen waren, die mich an unseren verstorbenen Schäferhund erinnerten oder einfach die Tatsache, dass das der Hund ist, den ich in die Hände gedrückt bekomme… Ich weiß es nicht. Fakt ist, von diesem Tag an gab es einfach nur noch Linus und ich erkundigte mich nicht einmal mehr nach anderen Hunden. Auch die Pfleger fragten mich immer direkt wieder, ob ich den Linus wieder haben möchte. Vielleicht sind sie auch einfach Schuld daran 😀
Einen Haken hatte die ganze Geschichte dennoch: Linus stand eigentlich noch gar nicht zur Vermittlung und von dem Gedanken, ihn schnellstmöglich mitnehmen zu können, musste ich mich verabschieden. Sein Besitzer befand sich in einem Krankenhaus und rein theoretisch hätte er seinen Hund jederzeit wieder zurückfordern können. Offiziell musste das Tierheim Linus für min. 6 Monate verwahren. So fuhr ich also ca. 3x in der Woche ins Tierheim und verbrachte mit „meinem“ Hund etwas Zeit. Der nette und freundliche Hund nahm dabei eine Entwicklung, die mir Sorgen bereitete und mich mächtig zweifeln ließ. Nach wenigen Wochen ließ er sich nur noch schwer aus seinem Zwinger „locken“ und fremde Personen wurden zunehmend zum roten Tuch. Auch ein Maulkorb bekam er auf und meine Güte, da war ich mir dann doch nicht mehr so sicher, ob das wirklich „mein“ Hund wird. Auch wenn ich jetzt darüber lachen kann, war es schon erstaunlich, was für eine abschreckende Wirkung sein Verhalten plötzlich hatte. Mein Glück war, dass er mich quasi von Anfang an irgendwie kannte und ich sowas wie eine vertraute Person war. Auch ließ er sich von mir am Ende problemlos aus dem Zwinger holen, wohingegen er sich bei den Pflegern verschanzte.
Das Jahr 2014 neigte sich dem Ende und bereits Anfang 2015 sprachen wir dann endlich über eine Adoption. Mein Herz raste, denn irgendwie wurde es jetzt ernst und da waren doch auf einmal die ganzen Zweifel. Hinzu kam, dass ich damit einverstanden sein musste, den Hund wieder zurückzugeben, sollte sich der Besitzer doch noch melden. Die Wahrscheinlichkeit war minimal, denn dieser hatte sich bisher nicht ein einziges Mal erkundigt oder überhaupt gemeldet. Mir wurde eindringlich geraten, Linus von Anfang an mit einer gehörigen Portion Konsequenz zu behandeln und zu Hause war ja auch noch eine Katze. Ich glaube in den letzten Tagen überschlugen sich bei mir sämtliche Gefühlslagen und ich war so unglaublich froh, eine 2-wöchige Probezeit zu haben, wo ich entscheiden konnte, ob es passt oder nicht.


Home sweet Home
Es stand also fest – am 15.01.2015 verlasse ich das Tierheim nicht alleine. Bei der Unterzeichnung des Vertrages war ich so unsicher wie nie zuvor. Der Gedanke, 2 Wochen Probe zu haben, beruhigte mich aber und sowieso wäre ich wahrscheinlich viel zu feige gewesen, um damals nach all den Wochen zu sagen: „Och nö, ich hab’s mir anders überlegt“. Ich glaube auf dem Weg zum Auto zitterten meine Hände sogar. Geht der Hund jetzt überhaupt ins Auto? Wird er die Katze fressen? Wird er andere Menschen verletzen? Kopfkino… Im Auto gab es für mich dann einen entscheidenden Schlüsselmoment. Denn der vom Bellen schon heißer gewordene Hund, ließ sich einfach auf die Rücksitzbank fallen und schlief die komplette Fahrt durch. Völlig fertig mit sich und der Welt. Gestresst vom Tierheimalltag. Als wenn genau in diesem Moment so viel Last von ihm gefallen ist und er genau wusste – jetzt wird alles gut. Dieser Anblick ging ganz tief ins Herz und gab mir wirklich unglaublich viel Entschlossenheit. Zur Haustür rein, fand er auch recht schnell seinen Platz. Er hatte zuerst gar kein Interesse groß, sich alles anzuschauen, sondern fand auf seinem Bett Sicherheit und blieb dort. Meine zuvor errungener Mut verabschiedete sich dann kurzzeitig, als Katze Tapsi angeschossen kam.
Dieses Tier – ich sag’s euch. Sonst der größte Angsthase und wenn sie etwas nicht kennt bloß wegbleiben, aber als sie Linus in seinem Bett liegen sah, ging sie einfach frontal auf ihn zu. Sie blieb vor ihm stehen (Linus sichtlich irritiert), dann fauchte sie ihn an, verpasste ihn mit der Pfote eine Schelle und ging wieder… Seitdem ist die Rangordnung geklärt. Im Nachhinein betrachtet wohl das beste, was passieren konnte.
Da war er also – Linus. Am Ende des Tages schlug die Unsicherheit noch einmal voll zu, denn Linus knurrte mich an, als ich mich ihm näherte. Für mich damals eine Katastrophe, meinen es knurrende Hunde doch immer böse…
Ja, so startete er – unser gemeinsamer Weg. Voller Euphorie, Unsicherheit, Freude, Angst und Zweifel. Die kommenden Wochen waren intensiv und brachten so einige Überraschungen zum Vorschein, davon erzähle ich euch aber ein andermal 🙂 Bis dahin bewundern wir einfach noch einmal, wie wenig Grau der damals 3-jährige Linus im Gesicht hatte 😀
Einfach nur herzerwärmend. Irgendwie eine Story, aus der man ein Buch machen könnte.